Unser Gehirn hat mit seinen unzähligen Nervenzellen die Aufgabe, zwischen wichtigen und unwichtigen Informationen zu unterscheiden. Wir können unserem Gehirn helfen, diese Informationen auf eine für uns hilfreiche Art zu interpretieren. Wissenschaftler konnten herausfinden, dass sich Meditationsübungen dafür besonders gut eignen. Im Rahmen des Meditierens werden die eigene Achtsamkeit und die Aufmerksamkeit für den eigenen Körper trainiert. Das hilft, um bewusster so zu handeln, wie es uns persönlich wirklich wichtig ist, statt impulsiv oder vermeidend.
Regelmäßiges Meditieren hilft Gehirnaktivitäten zu verändern
Im Rahmen einer Studie wollten Wissenschaftler nähere Informationen dazu erhalten, welchen Einfluss die meditativen Übungen auf die Netzwerke der Nervenzellen im Gehirn haben. Sie verglichen mithilfe von MEG die messbaren Hirnaktivitäten von Menschen, die eine Achtsamkeitsmeditation ausübten, mit solchen, die sich im Ruhezustand befanden. Sie stellten dabei fest, dass durch die Meditationsübungen zahlreiche Gehirnaktivitäten gemessen wurden, die bei den Studienteilnehmern in Ruhe nicht auftraten.
Die Wissenschaftler kamen zu dem Ergebnis, dass regelmäßige Meditation dazu führt, dass die Nervenzellen die eingehenden Informationen besser verarbeiten können und der Körper sich über das Gehirn besser auf kritische Ereignisse aus der Umwelt einstellen kann. Mit anderen Worten, das Gehirn kann auf diese Weise lernen, eingehende Informationen besser und effektiver zugunsten der eigenen Wahrnehmung zu verarbeiten.
Quelle der Studie: Dürschmid, S. et al.
Self-regulated critical brain dynamics originate from high frequency-band activity in the MEG.
Plos one 6/2020
Interpretieren kann man diesen Befund so, dass Ausruhen allein nicht ausreicht, um mit wirklich unangenehmen Gefühlen wie Angst, Hilflosigkeit oder Wut hilfreich umzugehen. Also anders umzugehen, als wir es automatisch aus der schnellen Reaktion unseres "Reptiliengehirns" heraus machen würden: nämlich flüchten, erstarren oder kämpfen.
Stattdessen scheinen meditative Achtsamkeitsübungen zu helfen, die neurophysiologischen automatischen Aufschauklungsschleifen zwischen Körper und Reptiliengehirn (inkl. des emotionalen Zentrums Amygdala) als auch zwischen Neokortex und Amygdala zu dämpfen. Wir können also trainieren, dass die "Alarmsirene" im emotionalen Zentrum des Gehirn nicht noch schriller heult, indem es Körpersignale zusätzlich als bedrohlich einstuft. Körpersignale, die durch Emotionen wie Angst, Hilflosigkeit oder Ärger automatisch hervorgerufen wurden. Ebenso können wir trainieren, eigene Gedanken und Vorstellungen als Produkte unseres Gehirns wahrzunehmen statt als bedrohliche Realitäten. Und wir können trainieren, unsere Handlungsimpulse bei "Alarm!" wahrzunehmen, ohne ihnen automatisch zu folgen - stattdessen bewusster zu wählen, wie wir uns verhalten wollen. Deshalb rentiert sich, Achtsamkeit regelmäßig zu üben.
Hier zur Beschreibung was Meditation ausmacht:
www.psychotherapie-bewegt.de/meditation
Hier ein Tipp für eine einfache Achtsamkeitsübung im Alltag:
www.psychotherapie-bewegt.de/achtsamkeit
Audios für Meditationen:
www.psychotherapie-bewegt.de/download/Meditationen
Nähere Infos über die Wirkweise des Alarmsystems:
"Nahrung für den Geist"
Historiker und Bestseller-Autor Yuval Noah Harari ("Eine kurze Geschichte der Menschheit") antwortet im ZEIT-Interview auf die Frage, wie er es schaffe, jeden Tag zu meditieren, so beschäftigt wie er sei:
"Meditieren ist wie Nahrung für den Geist, um gesund und ausgeglichen zu bleiben. Ich höre ja auch nicht auf zu essen, nur weil ich viel zu tun habe. Ich habe gemerkt, dass ich, wenn ich meditiere, viel effizienter arbeite. Weniger meditieren, um mehr zu arbeiten, ergibt für mich keinen Sinn. Dann arbeite ich vielleicht länger - aber es kommt nicht mehr dabei heraus."
Quelle: ZEIT Nr. 43 vom 21.10.2021, Seite 36
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